"Borderlines", ein Reisebericht aus dem Jahre 1988

Borderlines, Reisebericht von Charles Nicholl

Beschreibung von Chieng Saen aus dem Reisebericht "BORDERLINES" von Charles Nicholl (1988)

Chiang Saen ist heute kaum mehr als ein grosses Dorf am Fluss, eingekuschelt in eine Biegung des Mekong, wo sich der Fluss, der von China aus Richtung Süden fliesst, langsam östlich wendet. Es hat ungefähr zweitausend Einwohner, Bauern und Fischer, Teakfäller und Arbeiter an den regierungseigenen Tabaköfen am Stadtrand.

In Chiang Saen spürt man jedoch mehr als irgendwo sonst im nördlichen Thailand die Gegenwart des alten Lan Na.

Die Stadt ist voller Tempel, überall finden sich alte Chedi, die zwischen den Bäumen emporragen, teilweise schief und verwittert, Säulenplatten, aus denen kleine Bäume wachsen, grauer Putz, so brüchig, dass rote Ziegel zum Vorschein kommen, Ziegel, die selbst zerbröseln zu jener braungelben einheimischen Erde, aus der sie einmal gebrannt worden sind.

In diesen verlassenen Ruinen und um sie herum geht das heutige Chiang Saen seinen ruhigen Geschäften nach: eine Hauptstrasse, ein Busdepot, ein Markt, ein schmales Strassennetz aus Holzhäusern und Blechhütten, das bis an den Rand des Flusses reicht, an den Rand Thailands. Hier bildet der Fluss die Grenze. Auf der anderen Seite ist Laos.

(Deutsche Übersetzung von Teja Schwaner, "Im Goldenen Dreieck", rororo-Taschenbuch 13173)

Charles Nicholl gibt in seiner schönen Beschreibung des verschlafenen Chiang Saen ein etwas einseitiges Bild, denn ganz so verträumt wie vielleicht vor zwanzig Jahren ist diese Grenzstadt in jüngster Zeit auch nicht mehr.

Man spürt ganz deutlich, wie der Ort wegen seiner geographischen Lage zunehmend an Bedeutung gewinnt: So wird beispielsweise Schiffsladung um Schiffsladung von Früchten, vornehmlich Äpfel und Birnen, aus China importiert, dazu kommen die vielen laotischen Händler, die tagtäglich in Laos begehrte Produkte einkaufen kommen.

Dank seiner interessanten geschichtlichen Vergangenheit ist auch der touristische Aufschwung von Chiang Saen nicht mehr zu übersehen.

Allein in den letzten drei Jahren haben vier thailändische Banken ihre Filialen in Chiang Saen eröffnet.